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Der Teufel ist ein Eichhörnchen

Montag, Februar 11, 2008

Tag 4 – „Tempelausweis, anyone?

Foto: Lisa L.

Ich erwache um 10 nach sieben. „07:10? Warum eigentlich 07:10?“.
Hätte ich den Wecker nicht auf...SCHEISSE!
Jackie ist not amused, das zweite Mal verschlafen in drei Tagen. Der Ruf der Posh-Girls ist zementiert als wir hektisch in die Lobby biegen. Gut, dann kann man wenigstens die Tasse Kaffee aus dem Frühstücksraum mit in den Bus nehmen. Hans, der mitreisende Shoestring-Gründer hat ebenfalls verschlafen. Ehrenrettung.
Unser putziger Kambodscha-Guide faselt deutsche Grundschul-Sätze die für Erheiterung sorgen. Sein gebetsmühlenartig wiederholte Statement „Angkor“ heißt „Stadt“, „Thom“ heißt „groß“,„Angkor Thom“ heißt „große Stadt“, hält sich länger in meinem verschlafenen Hirn als der neue Micky Krause Hit.
Die restlichen Top-3:
„Links sehen Sie viele Bäume. Rechts auch.“
„Wissen Sie auch warum? Nein? Macht nix.“
„Dort sehen Sie schöne Relief. Vorher noch schöner aber dann kamen Thai und machen alles kaputt.“
Generell scheinen die Thai für vieles verantwortlich zu sein, was in Kambodscha kaputt ist. An der Pforte zu “Angkor Thom“ kontrollieren zu allem Überfluss auch noch thailändische Angestellte die Einlassberechtigung a lá Disneyland: unseren Tempelausweis inkl. Foto.
Und dann endlich raus aus dem Bus. Quer durch den Dschungel schlägt sich die Schneise der asiatischen Touristengruppen, von denen sich Einzelne unauffällig versuchen, mit mir fotografieren zu lassen. Nach und nach ebben die Ströme ab und die ganze Gruppe verteilt sich in den Ruinen, die gewaltig in den Himmel aufragen. „Tomb Raider“ wurde hier gedreht, ich fühle mich eher wie eine weibliche Indi-Variante (nur die riesigen Spinnen-Netze hindern mich daran, in die verfalleneren Abschnitte zu klettern). Biegt man um eine Ecke, klettert man auf einen Hügel, lässt man die Trampelpfade hinter sich gibt es nur noch Grün und Fels. Götter, Dämonen, Fratzen in Stein gehauen. Ich muss alles anfassen und wundere mich, um wie vieles älter diese Dschungelruinen als beispielsweise mittelalterliche Innenstädte hierzulande wirken, obwohl sie zur gleichen Zeit entstanden sind. Am zweiten Touri-Posten dann auch schon das erste Klassenfahrtsproblem: Einer der männlichen Mitreisenden hat seinen Tempelausweis verloren und droht, nicht durch das Tor gelassen zu werden. Während ich noch überlege, ob man als Preis für den Einlass wohl seine Leber, die Seele oder das Eigengewicht in Gold anlegen muss, spielt ein weiterer Gruppenmensch bereits flink seinen Ausweis dem Verlustigen zu und wir können weiter. Zum Glück sehen Europäer alle gleich aus.

Mein nächstes Haus wird ein Baum. Zumindest könnte man jeden zweiten der gigantischen Versionen hier ohne Probleme für 300 Euro kalt in Frankfurt an einen Praktikanten vermieten. Die andere Hälfte der Urwald-Riesen hat es andersrum gemacht uns sich mit Hilfe von Lianen einfach auf die langsam zerfallenen Tempel gesetzt. Aliens. Oktopusse, Riesen-Arme aus Holz. Die Ents sind nichts dagegen.
Auf dem Rückweg passieren wir ein Touristenfallen-Dorf. Die abgerichteten Kinder verkaufen Tücher und Armreifen und sind hartnäckiger als Preisaufkleber-Reste auf CD-Hüllen. Ein höchstens drei Jahre altes Mädchen verfolgt mich eine Viertelstunde, ihr „Four for one Dollaaaaar“ mich wesentlich länger.
Später.
Nach einer Pool-Pause geht es zurück in den Tempel-Komplex, der Touristenmagnet „Angkor Watt“ steht auf dem Programm. Hier wirkt alles viel aufgeräumter. Unser Guide erklärt uns, dass man leider nicht mehr auf die großen Haupttürme hinauf klettern dürfte, nachdem vor einigen Monten wieder ein Tourist abgestürzt wäre. „Viel gebrochen. Aber nicht schlimm tot.“ Ich klettere mit Gruppenmitglied M auf den gigantischen Steinmauern herum und spekuliere über Knochenschäden bei Absturz aus 8 Metern. Vereinzelt durchbrechen orangene Mönchs-Farbkleckse die beeindruckende Monotonie aus grau und schwarz. Eine chinesische Touristin ärgert einen Affen mit ihrem Hello-Kitty-Handy. Der Affe ärgert zurück. Wir haben Spaß. Auf dem Rückweg weicht der gummiweiche Boden staubigem rotem Sand. Man könnte das Elefanten-Taxi den Berg hinauf nehmen, aber mir wird auf Pferden schon schlecht. Und das Bier mit Blick auf die gesamte Anlage ist den letzten Aufstieg wert.
Noch später:
Das „Dead Fish“ hat es allen angetan. Als „Stammgäste“ bekommen wir wieder unseren Tisch und leckeres Essen. Die Tempeltänzerinnen fangen als Showact zwar langsam an zu nerven, nach vier Singapur Slings ist das dem Großteil der Gruppe allerdings egal. Der Geburtstag Nummer zwei ist ein 30.er. Auf die Frage nach Reis und einem Besen will uns der Hotelangestellte gekochten Reis bringen, die rohe Variante ist in der Küche eingeschlossen. Schließlich sammeln wir heimlich kambodschanisches Laub und lassen das Geburtstagskind fegen. Das etwas krampfhaft initiierte Sprachspiel (Jeder sagt reihum ein Wort) zeigt: Spiele nie mit Menschen, die berufsübergreifend bedingt einem völlig unterschiedlichem Verständnis von Regeln, Assoziation, Kreativität und Humor folgen.
Ich schau mir lieber Prospekte an und gehe früh ins Bett.

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Am Ende kackt die Ente.



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